Loyalitäten
Delphine de Vigan
Nach der Scheidung seiner Eltern verbringt der 12-jährige Théo wechselweise eine Woche bei seiner Mutter, bzw. seinem Vater. Jeden Freitag packt er seinen Rucksack und pendelt die acht U-Bahnstationen zwischen den jeweiligen Wohnungen. Während seine Mutter ihre Verbitterung und Abneigung gegen den Vater nicht ablegen kann und dies an Théo auslebt (so muss er nach jeder Vaterwoche zunächst duschen und die getragene Wäsche in einer fest verschlossenen Plastiktüte verstauen, da sie den Geruch ihres Exmannes nicht ertragen kann), hat der Vater sich in Depressionen verloren. Weder in der Lage sich um seine Körperhygiene oder Wohnung zu kümmern, ist es Théos Aufgabe, die Dinge für den Vater zu regeln und den Schein nach außen zu wahren.
Trost, Wärme und Geborgenheit findet Théo im Alkohol, den er zunächst heimlich in der Schule gemeinsam mit seinem Freund Mathis trinkt. Während Mathis, nicht zuletzt weil seine Mutter ihn betrunken erwischt hat, aus diesem gefährlichen Spiel aussteigt, steigert Théo seinen Konsum in tödlicher Absicht beharrlich weiter.
Ein ergreifendes, aufrüttelndes Buch über Verantwortung und Zivilcourage und die Aufforderung nicht wegzusehen. Mit anderen Worten Loyalität zu zeigen, die innere Haltung zum Ausdruck zu bringen, so wie es in Théos Fall seine Lehrerin Hélène macht, ungeachtet aller Widerstände.
Kerstin Schneider