Rückblick

Judith Taschler liest aus ihrem Roman "bleiben" (2017)

Die österreichische Autorin Judith W. Taschler las am Mittwoch , den 22.Februar 2017 in den Räumen der Buchhandlung an der Stadtmauer vor rund 40 interessierten Zuhörern aus ihrem neuesten Roman "bleiben".

Die Schriftstellerin nutzte den Abend, um dem Publikum nicht nur ihren neuen Roman vorzustellen, sondern auch über ihre älteren Werke zu sprechen und Fragen der Zuhörer ausführlich und sehr offen zu beantworten. So stellte sie gleich zu Beginn der Lesung klar, daß man sie alles fragen könne, sie würde alles beantworten, um dann nach einem kurzen Moment des Zögerns einschränkend hinzu zu fügen: "Okay, fast alles. Ich lese ja auch oft an Schulen und da werden schon manchmal Fragen gestellt, die will man nicht unbedingt beantworten. Obwohl die Mädels eigentlich immer nur genau wissen wollen, was an meinen Büchern autobiographisch ist und die Jungs interessiert in erster Linie, wieviel Geld man mit dem Schreiben verdienen kann." Zumindest der erste Teil dieser Fragestellung zog sich dann auch wirklich wie ein roter Faden durch den Abend.

Auch in ihrem neuesten Roman "bleiben" gibt es viele autobiographische Bezüge. Dies beginnt schon mit dem Titel, der sich auf einen Satz im Buch bezieht, in dem einer der Protagonisten, der an einer tödlichen Krankheit leidet, sagt, er wisse erst jetzt wie schön das Leben sei und er würde so gern noch bleiben."So ähnlich hat es ein guter Freund von uns ausgedrückt, der vor wenigen Jahren an genau dieser Krankheit sterben mußte", berichtet Taschler freimütig "und eben dieser Satz blieb hängen und entwickelte sich immer und immer weiter, wuchs und gedieh, setzte Fleisch an und wurde zu dieser Geschichte." Einer Geschichte, der neben vielen überraschenden Momenten und Wendungen eine ganz besondere Erzählhaltung zugrunde liegt. Taschler schrieb den Roman in Form von Monologen, sie läßt also die einzelnen Protagonisten ihre Sicht der Ereignisse einem unsichtbaren Zuhörer erzählen, fügt diese Monologe aneinander und offenbart so erst nach und nach die tatsächlichen Ereignisse. Eine außergewöhnliche Erzählform, die Taschler schon einmal bei ihrem Erstlingswerk angewandt hat und mit der sie viel Anerkennung ernten konnte.

Dieses Erstlingswerk "Sommer wie Winter", das starke Krimi-Elemente aufweist, schrieb die Autorin erst im Alter von 40 Jahren. Spät, wie sie erklärt, die meisten neuen Autoren würden ja schon mit zwanzig loslegen, sie hätte sich "das einfach nicht getraut, ich habe zwar immer davon geträumt, zu schreiben, es aber nie gemacht. Erst mit 40 dachte ich mir, was habe ich schon zu verlieren." Sie schrieb ihr Erstlingswerk in relativ kurzer Zeit, zeigte es unzähligen Freunden und schickte es schließlich an diverse Verlage. "Und dann bekam ich eine Absage nach der anderen, immer mit dem gleichen Inhalt: Super Buch, ganz, ganz toll, aber es paßt nicht in unser Programm. Wir wünschen viel Erfolg." Bis dann eines Tages wieder eine Absage ins Haus flatterte, die diesmal allerdings den Zusatz enthielt, das Buch würde zwar nicht in das Programm dieses Verlages passen, man könne sich jedoch vorstellen, daß der Picus Verlag durchaus Interesse hätte. Und er hatte. "Es war an einem Freitag, dem 13. Da habe ich mich um 13:30 Uhr beim Picus Verlag vorgestellt und sie haben tatsächlich meinen Roman veröffentlicht." Taschler erinnert sich noch an jede Einzelheit, den genauen Moment, in dem sie den Anruf erhielt. Das Wetter "es regnete, wir hatten ein Gewitter", den Ort "ich stand gerade im Schuhladen und wollte Sommersandalen kaufen" und natürlich die Stimmung "reines Glück."

Nach diesem Buch folgten weitere, erfolgreiche Romane. Judith W. Taschler wurde schnell auch in Deutschland bekannt und erhielt schließlich für ihren Roman "Die Deutschlehrerin" den renommieren Friedrich-Glauser-Preis. Eigentlich ein Preis für Krimis, dabei "ist die Deutschlehrerin gar kein reiner Krimi", befindet Taschler, "ich bin keine Krimi-Autorin, Lokalkrimis gibt´s auch so schon genug". Trotzdem war es eine große Ehre, mit dem Preis ausgezeichnet zu werden und eine "große Freude, auch wenn das bedeutete, daß ich im Jahr darauf selber in der Jury sitzen sollte und dafür 460 Krimis lesen mußte. Und dabei mag ich die doch gar nicht so gerne." Es ist genau diese Offenheit, diese Vertrautheit, die Taschler ihren Zuhörern von Anfang an vermittelt und sie für sich gewinnen läßt. Unzählige Anekdoten, immer ausgehend von ihren Büchern, erzählt sie ihrem Publikum. Von ihrer Zeit als Lehrerin, "daher kommt meine größte Schwäche in meinen Erzählungen: Wortwiederholungen. Als Lehrerin bist Du gezwungen, alles immer und immer wieder und immer wieder zu sagen". Von ihrer Zeit als Autoverkäuferin - "Nicht so glänzende Dinger, es waren alte Rostlauben, die wir an russische Händler vertickt haben. Mei, ich war so jung und so deppert." Von ihrem Leben als Mutter - "Es ist nicht immer toll, wenn Du eine Schriftstellerin als Mutter hast. Meine Tochter durfte sich von ihrer Deutschlehrerin schon anhören, den Aufsatz hätte doch eh ich geschrieben" und natürlich vom Leben als Schriftstellerin, vom Schreiben, Zweifeln, von Abgabeterminen und ihren Lesereisen. Ihr preisgekrönter Roman "Die Deutschlehrerin" wird jetzt übrigens verfilmt. Und mit ihrer ganz eigenen Offenheit erzählt Taschler auch hier von ihren Vorstellungen, Besetzung und Gestaltung betreffend. "Und als Xaver hätt ich gerne den Brad Pitt, der hat jetzt eh Zeit." Also, Phantasie und Vorstellungskraft hat sie. 

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