Rückblick

Stefan Schmortte liest aus seinem Debütroman

"Die Enthüllung der Welt" so lautet der Titel des Erstlingswerkes von Stefan Schmortte, der seinen Roman nun persönlich einem kleinen Kreis interessierter Zuhörer in der Buchhandlung an der Stadtmauer vorstellte.

Der Roman des Journalisten und Autors Stefan Schmortte, der mit seiner Familie am Starnberger See lebt, ist ein opulentes Puzzle aus unzähligen Facetten des Lebens. Er ist Abenteuerroman, Wissenschaftspublikation und Liebesgeschichte - denn "jedes gute Buch braucht einfach eine Liebesgeschichte", so Schmortte lächelnd  - in Einem und entführt seine Leser in das goldene Zeitalter der Niederlande, in dessen ferne Kolonien und zu den Anfängen der modernen Wissenschaft. Wild würfelt der Autor dabei Fiktion und Erfindung durcheinander, erzählt von der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, die in dieser Zeit eine große Blüte erlebte und von dem Beginn der modernen Wissenschaft anhand der Mikroskopie. Anstoß für den Roman gab ein persönliches Erlebnis, wie Schmortte erklärte, der "die großartige Gelegenheit bekam, einmal durch ein Hochleistungsmikroskop schauen zu dürfen und dabei eine ganz neue, wunderbare Welt" entdecken konnte. Dadurch begann er darüber nachzudenken, was wohl die ersten Forscher, die durch ein "Vergrößerungsglas schauten und diese kleinen, umher flitzenden Tierchen  sahen" empfanden. Und so war der Grundstein für seinen Roman gelegt.

Schmortte ging nach Holland, um für sein Buch zu recherchieren, doch das Leben des Antoni van  Leeuwenhoek, der als wahrer Erfinder des Mikroskopes gilt, gab nicht viel her. Über den Wissenschaftler, der zu Lebzeiten von "gekrönten Häuptern bis hin zum russischen Zaren besucht" worden ist, gibt es heute kaum noch informatives Material. Und das bisschen, dass Schmortte bei seinen Recherchen fand, zeugte von einem "arbeitsamen, ordentlichen beschaulichen und leider auch sehr langweiligem Leben, das nicht als Vorlage für eine Romanfigur taugt". Deswegen schuf er den kleinwüchsigen Piet van Leeuwen, dessen abenteuerliches Leben den Leser zu den Anfängen der Wissenschaft führt. In eine Zeit, in der neue, bahnbrechende Entdeckungen und tiefster Aberglaube eng beieinander lagen. Und auch die Wissenschaft selbst immer wieder dazu neigte, sich diesem Aberglauben hinzugeben. So hat es neben Antoni van Leeuwenhoek andere Forscher gegeben, die behaupteten, mittels ihrer moderne Apperaturen im Kopf des männlichen Samens einen "komplett ausgebildeten Menschen entdeckt zu haben, der nur noch wachsen müsse, ansonsten aber fix und fertig ausgebildet war", wie Schmortte seinen schmunzelnden Zuhörern erzählte. Hartnäckig hielt sich auch die Überzeugung, dass kleine Insekten, Asseln, Würmer oder Käfer aus Dreck und Mist entstehen würden und so der eine oder andere Wissenschaftler "in seinen Jackentaschen Flöhe ausbrütete, um zu beweisen, dass auch die kleinsten Wesen über animalische Triebe verfügen". Das Aufkommen der modernen Wissenschaften brachte viele der althergebrachten Überzeugungen ins Wanken und "so manch einer verlor dabei den Boden unter den Füßen", so Schmortte.

Der Autor hat in seinem Roman diese unterschiedlichen Sichtweisen mittels zahlreicher Figuren abgebildet. Da ist der kleinwüchsige Piet, ein Entdecker und Forscher, neugierig und experimentierfreudig. Der Arzt Gaesbeeck, der erkennt, welche Möglichkeiten in der Wissenschaft liegen. Weltoffen und geschäftstüchtig. Der Kirchendiener Heijn, verblendet und in seinem alten Weltbild gefangen. Fanatisch und rückwärtsgewandt. Der Abenteurer Karlmann, pragmatisch und abgeklärt, für den nur die handfesten Dinge im Leben zählen. Und schließlich Carla, die wegen ihres jüdischen Glaubens ihr Heimatland Portugal verlassen muss und in Amsterdam strandet. Unwissend und ängstlich. Und Piets große Liebe, denn wie jedes gute Buch hat auch dieses seine eigene, ganz große Liebesgeschichte.

Zurück


Weitere Veranstaltungen